Rückengerechtes Liegen – Schlafexperte Jürgen Schuster zeigt was das eigentlich bedeutet

von Jürgen Schuster

Ruecken_liegen

Manche Begriffe sind uns geläufig, weil wir sie immer wieder mal hören oder lesen. Wir entwickeln mit der Zeit ein inneres Bild davon und machen uns keine Gedanken mehr. Doch gerade das wäre interessant, wenn es um die Gesundheit des Rückens geht: woran denken Sie bei „Rückengerechtem Liegen“?

Haben sie das übliche Foto einer halbnackten Dame von hinten auf einer Matratze im Kopf? Oder sehen Sie sich selbst entspannt in Ihrem eigenen Bett liegen? Wir leuchten im heutigen Beitrag mit dem Scheinwerfer auf dieses wichtige Thema und bringen Ihnen nahe, warum ich seit Jahren von der „8-Stunden Chance für einen gesunden Rücken“ spreche.

Natürlich bedeutet „Rücken-gerecht“, dass wir eine Schlafunterlage haben sollten, die gesund ist – und damit haben wir nochmal einen unklaren Begriff. Denn auch darunter versteht vermutlich jeder etwas völlig anderes. Ganz objektiv geht es auch nicht, denn jeder Mensch ist nun mal ein Individuum und jeder Körper ist einzigartig. Gewisse Kriterien sind allerdings allgemein gültig, und daraus können Sie sich jetzt Ihr eigenes, vielleicht ganz neues Bild machen.

Wie liege ich optimal?

Dass hart schlafen überholt ist, sollte sich längst herumgesprochen haben. Hat es aber leider nicht, dieses Phänomen der 80er Jahre zeigt sich hartnäckig. Damals, mit dem Aufkommen der Öko-Bewegung und einem Gedanken an mehr Natur und Natürlichkeit flogen die letzten 3-teiligen Matratzen unserer Vorfahren aus den Betten und hinein kamen Torf, Rosshaar, Latex etc. Und vor allem schön hart sollte es sein, das kam dem Gedanken der Natürlichkeit scheinbar nahe und gerade wir Männer empfanden das als männlich. Hart schlafen ist nicht für Warmduscher dachten wir, und ergaben uns in unsere Schulterschmerzen. Denn genau das passiert uns modernen Büromenschen mit unseren weichen und gepflegten Körpern – hart schlafen ist für uns tatsächlich schlichtweg unpassend. Wir liegen mit wenigen Punkten auf (Schulter, Becken, Knie) und verdrehen unseren Körper unfreiwillig nach den Gesetzen der Schwerkraft. Der Körper passt sich jetzt dem festen Untergrund an, und das verursacht meistens Schmerzen. Bei Männern schlafen oft sogar die Arme ein, bei Frauen gibt es häufig einen Kontaktschmerz an der aufliegenden Hüfte. Beide Geschlechter bekommen früher oder später Probleme mit der unteren Wirbelsäule.

Zauberworte „Anpassung“ und „Unterstützung“

Genau andersherum wird es richtig und damit Rücken-gerecht. Die Unterlage soll sich dem Körper anpassen und ihn unterstützen. Dieses Unterstützen ist wichtig und sehr logisch, wobei es Grenzen gibt. Eine tiefe Kuhle in der Sie versinken, könnte man zwar auch als eine Art von Anpassung verstehen, nur findet dann umgekehrt auch wieder eine Anpassung der Wirbelsäule an diese Kuhle statt. Das verursacht natürlich Probleme.

Also Anpassen und Unterstützen – je nach Körperzone. Jetzt wird es gesund. Das bedeutet konkret – die Wirbelsäule liegt in Seiten- oder Rückenlage so wie sie natürlich geformt ist. In der Seitenlage können Schulter und Hüfte schön einsinken ohne dass das Becken sich verdreht. Die Knie sind dafür ein guter Maßstab – sie sollten unterstützt sein, sonst helfen mit einem kleinen Kissen nach. Keinesfalls sollte das Becken kippen.

In der Rückenlage können Sie frei atmen, und Ihr Gesäß wird so gut aufgenommen, dass die Lordose (sog. Hohlkreuz) unterstützt ist. Die Rückenmuskeln können dann entspannen und die Bandscheiben werden jetzt mit Nährflüssigkeit versorgt.

Gerade bei diesem Vorgang ist Bewegung wichtig, deswegen drehen und wenden wir uns im Schlaf 20-30 mal. Auf einem Anatomie-Seminar vor vielen Jahren verblüffte uns der Dozent mit dem Kommentar: „Für die Gesundheit von Gelenken und Bandscheiben brauchen wir Bewegung – Tag und Nacht“.

Das stimmt mehr denn je – ein gutes, rücken-gerechtes Bett muss uns also diese nächtliche Bewegung im Schlaf erleichtern. Deswegen darf es weder zu hart sein – sonst bewegen wir uns zu viel, weil es unbequem ist. Noch zu weich, denn aus der Kuhle heraus ist Bewegung schwierig und oft auch schmerzhaft.

Die 8-Stunden-Chance für den gesunden Rücken

„Bin ich billig ‚rangekommen“ wäre im Bereich des Bettes also fahrlässig, schlimmstenfalls dumm. Denn in einer Gesellschaft, in der fast jeder Rückenschmerzen hat, sollten wir jede Chance nützen diese zu lindern. Ein gutes Bett, in das wir uns gerne legen und in dem wir uns wohlfühlen ist eine Oase der Geborgenheit in unserer hektischen Zeit. Es kann einen Rücken alleine zwar nicht gesund machen. Es kann allerdings einen Heilungsprozess verstärken, den wir selbst mit Bewegung, Physiotherapie etc. in Angriff genommen haben. Es kann die nächtliche Bewegung zur Versorgung der Bandscheiben und Entspannung der Muskulatur unterstützen. Manchmal verschwinden in einem besseren Bett Symptome sogar vollständig, besonders, wenn eine falsche Liegesituation die Probleme vorher verschlimmert hat. Ganz wichtig in unserer Zeit: der Mensch baut im Schlaf Stress ab. Umso mehr, je tiefer er schläft.

Denken Sie also an Ihre 8-Stunden-Chance, wenn Sie sich wieder einmal mit einem neuen Bett beschäftigen.

In einem weiteren Beitrag werden wir Ihnen detailliert über die Zutaten eines Rücken-gesunden Bettes berichten.

Fragen zum Thema? Jederzeit und gerne.

Herzlichst,

Ihr Jürgen Schuster